Montag, 15. Dezember 2008

Die stehengebliebene Uhr


Hallo liebe Leute. An diesem Wochenende gabs keine Geschichten, ich weiß... dafür wollte ich euch heute ein ganz besonders schöne anbieten. Sie war etwas komplizierter zu übersetzen, ich hoffe dass es sich trotzdem ok anhört...



In einer Ecke meines Zimmers hängt eine wunderschöne antike Uhr, die nicht mehr funktioniert. Ihre Zeiger, die stehen geblieben sind, fast so lange wie ich mich erinnern kann, zeigen unbeirrt immer die gleiche Uhrzeit an: Punkt sieben Uhr. Fast immer ist die Uhr nur unnütze Zier an einer leeren Wand. Und dennoch, an zwei Momenten des Tages, zwei flüchtigen Augenblicken, erhebt sich die Uhr sich aus der Asche wie ein Phönix. Wenn alle Uhren der Stadt in ihrem wahnwitzigen Gang sieben Uhr schlagen, scheint die alte Uhr in meinem Zimmer zum Leben erweckt. Zweimal am Tag, morgens und abends fühlt sich die Uhr in völliger Harmonie mit dem Rest des Universums. Wenn jemand, nur in diesen Momenten auf die Uhr schauen würde, würde er sie für vollkommen funktionstüchtig halten. Und dennoch, wenn dieser Augenblick vorbei ist, wenn die Zeiger der anderen Uhren ihren gleichförmigen Weg fortsetzen, bleibt meine alte Uhr still und treu jener Uhrzeit, die einmal ihren Gang angehalten hatte.

Und ich liebe diese Uhr. Und je mehr ich von ihr erzähle, desto mehr liebe ich sie. Denn ich spüre, dass ich ihr immer ähnlicher werde.

Auch ich bin in einer Zeit stehengeblieben. Auch ich fühle mich festgenagelt und unbeweglich. Auch ich bin irgendwie eine unnütze Zier an einer leeren Wand. Trotzdem komme auch ich in den Genuss von flüchtigen Augenblicken, in denen geheimnisvollerweise mein Moment gekommen ist. Dann fühle ich mich lebendig, alles wird klar und die Welt scheint wunderbar. In diesen Augenblicken kann ich fliegen, träumen, und mehr Dinge fühlen und sagen als während der ganzen anderen Zeit. Diese harmonischen Konstellationen wiederholen sich immer wieder in einer unerbitterlichen Reihenfolge. Als ich ihn zum ersten Mal fühlte, versuchte ich, mich an diesen Moment zu klammern, damit ihr für immer dauerte. Aber so kam es nicht. Wie bei meinem alten Freund, der Uhr, entgeht auch mir die Zeit der anderen. Ist dieser Moment vorbei, setzen die anderen Uhren ihre Drehungen fort, und ich kehre zu meinem gewöhnlichen Zustand der Starre zurück. Zu meiner Arbeit, zu der Plauderei im Café, zu dem langweiligen Gang den ich gewöhnlich „mein Leben“ nenne. Aber ich weiß, dass das Leben etwas anderes ist. Ich weiß, dass das echte Leben jene Momente sind, die, wenn auch flüchtig, uns erlauben, uns in Einklang mit dem Universum zu fühlen. Fast alle glauben, dass sie leben. Und jene, die auf die Unvergänglichkeit jener Momente des Einklangs bestehen, sind dazu verdammt, für immer in der grauen Eintönigkeit des Alltags zu leben.
Deswegen liebe ich dich, alte Uhr, weil wir dasselbe sind. Du und ich.

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