Freitag, 12. Dezember 2008

Der Dattelpflanzer



Eine schöne Geschichte für den heutigen Tag.





In einer zwischen weiter Wüstenlandschaft verborgenen Oasis, machte ein wohlhabender Händler und sein Nachbar Hakim halt, um ihre Kamele zu tränken. Dort sahen sie einen Alten, der schwitzend im Sand scharrte.
„Wie geht es dir Alter, Frieden sei mit dir.“
„Mit dir auch“, antwortete dieser, ohne von seiner Aufgabe aufzuschauen.
„Was tust du hier, in dieser Hitze und mit diesem Stock in der Hand?“
Ich sähe“, antwortete der Alte.
„Und was sähst du hier, Alter?“
„Datteln“, sagte er und zeigte auf die Palmenbäume ringsherum.
„Datteln?“, sagte der eben Angekommene, und schloss die Augen wie einer, der eine große Dummheit mitleidig anhört. „Die Hitze hat dir das Gehirn beschädigt, mein lieber Freund. Lass das liegen und komm mit einen Likör und ein Glas Wasser zu trinken.
„Nein, nein, ich muss die Saat fertigmachen. Danach können wir, wenn du möchtest, zusammen trinken.“
„Ah, mein Freund“, sagte Hakim, „wie alt bist du?“
„Ich weiß nicht, siebzig, achtzig…. Ich habe es vergessen. Aber warum fragst du?“
„Schau, mein Freund, Dattelpalmen wachsen über fünfzig Jahre. Und erst als ausgewachsene Bäume können sie Früchte tragen. Ich wünsche dir nichts Schlechtes, mögst du 101 Jahre alt werden, aber es ist unmöglich, dass du die Früchte dessen erntest, was du sähst. Lass das sein, und komm mit.“
„Schau mal, Hakim, ich aß die Datteln eines anderen; einer, der auch nicht damit rechnete, die Früchte zu ernten von dem, was er sähte. Ich sähe heute, damit morgen jemand die Datteln essen kann, die ich heute pflanze. Und wenn es auch nur in Ehren jenes Unbekannten ist, lohnt es sich, die Saat zu Ende zu führen.“
„Du hast mich eine große Lektion gelehrt. Erlaube mir, sie dir mit einem Sack Goldstücken zu vergelten.“ Und Hakim legte einen Lederbeutel mit einigen Münzen in die Hand des Alten.“
„Ich danke dir diesen Lohn, mein Freund. Siehst du, manchmal passiert im Leben dies: du sagtest mir voraus, dass ich nicht ernten würde können, was ich sähte. Und trotzdem habe ich schon einen Münzbeutel und die Dankbarkeit eines Freundes geerntet.“
„Deine Weisheit versetzt mich in Erstaunen. Dies ist schon die zweite Lektion, die du mir heute schenkst. Die vielleicht noch wichtiger als die erste ist. Erlaube mir, dass ich sie dir vergelte.“
„Und manchmal passiert das“, kommentierte der Alte. „Ich glaubte, nicht ernten zu können, und habe schon zweimal geerntet.“
„Rede nicht weiter, Alter“, meinte Hakim, „wenn du mich weitere Lektionen lehrst, so befürchte ich, dass mein ganzer Reichtum nicht ausreicht, um es dir zu vergelten.“

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Das ist eine schöne Geschichte! Vorausschauen ist doch wirklich eines der wichtigsten Dinge im Leben.
Ich schicke Dir ein unsichtbares Plätzchen, das wir heute gebacken haben!
Alles Liebe,
Hannah